29.02.2012, 00:57
(27.02.2012, 15:08)Charly-l schrieb: Wie komme ich auf Luth. 1545? Na, die findest du z.B hier online.Da steht zwar aus irgendwelchen Gründen 1545 dran, aber tatsächlich ist es der Text von 1912ff. Der 1545er Text ist hier. Und da steht »Bauren«.
(27.02.2012, 15:08)Charly-l schrieb:Ich habe überhaupt nichts gegen Theologie an sich gesagt. Aber eine Übersetzung darf nicht zum Mittel der Auslegung verkommen. Der Übersetzer hat eine Botschaft zu überbringen, nicht selbst zu gestalten. Insofern hat ein Übersetzer seine privaten theologischen Ansichten aus der Übersetzung herauszuhalten. Zu hundert Prozent gelingt das sicher nie, aber an dem Ideal ist trotzdem festzuhalten: Eine Übersetzung hat keine Predigt zu sein.*Friederich schrieb:Wenn man die These vertritt, daß eine wörtliche Übersetzung den Sinn nicht richtig wiedergibt und eine andere, nichtwörtliche den Sinn besser wiedergäbe, muß man jeweils sehr gute Gründe dafür vorbringen können. Welche könnten das im vorliegenden Falle sein? Wenn man grundlos von der wörtlichen Übersetzung abweicht, gerät man leicht in den Verdacht, »theologisch« zu übersetzen, d. h., die eigenen theologischen Vorurteile und Wünsche in die Übersetzung hineinzuschreiben.Huuuu.... da hast du das "böse Wort" eingebarcht: "theologisch". Aber mal ehrlich, Theologie ist a) überhaupt nichts zu verachtendes.
(27.02.2012, 15:08)Charly-l schrieb: Und b) hat die sinngemäße Übersetzung nun mal überhaupt nichts mit Theologie, sondern schlicht mit seriöser Übersetzung zu tun. Beide Arten der Übersetzung: konkordant und eher Sinngemäß haben Stärken und Schwächen. Hier sieht man, anhand deiner abenteuerlichen Gedanken dazu, eindeutig eine der Schwächen konkordanter Übersetzungen.Nochmal: Die Übersetzung im Sinne von »Landschaft, Dorf« hat nichts mit konkordanter Übersetzungsweise zu tun; das ist einfach die dem Wortstamm gemäße Übersetzung und die Mehrheit der nichtkonkordanten Übersetzer übersetzt dies ja auch so. Außerdem ist das Begriffspaar »konkordant oder sinngemäß« falsch. Konkordante Übersetzungen sind ja nicht per definitionem weniger sinngemäß als nichtkonkordante.
(27.02.2012, 15:08)Charly-l schrieb: … die sinngemäße Übersetzung … wenn du in England bist, regnet es bei dir wohl auch sprichwörtlich Katzen und Hunde vom Himmel. Die armen TiereDu versuchst hier die ganze Zeit den Eindruck zu erwecken, als wäre die Übersetzung »Führer« sinngemäßer als die wörtliche, und als gäbe es irgendwelche feststehenden Redewendungen, die dies nahelegten. Sinngemäßes übersetzen heißt doch nicht: »Es ergibt einen Sinn, der mir spontan logisch erscheint«, sinngemäßes Übersetzen heißt: »Ich gebe den Sinn wieder, den der Schreiber gemeint hat«.
Du hast bisher nichts beigetragen, was Deine These stützt, daß eine nichtwörtliche Übersetzung hier den Sinn richtiger wiedergäbe als die wörtliche. Und solange das so ist, gehe ich davon aus, daß Du an »Führer« festhältst, weil es Dir aus theologischen Gründen besser gefällt. Deine Katzen und Hunde sind willkürlich gewählt, sie sollen dem Leser irgendwie beibiegen, daß es eine feststehende Redewendung gäbe, die analog zu »raining cats and dogs« aus dem Dorf einen Führer macht. Aber diese Redewendung gibt es nun mal nicht, insofern hat das Beispiel mit dem verhandelten Casus gar nichts zu tun.
(27.02.2012, 15:08)Charly-l schrieb:Für mich hat das Detail auch kein großes Gewicht, ich habe nur versucht zu erklären, daß aus dem Text zweifelsfrei hervorgeht, daß wir es hier mit verschiedenen Bäumen zu tun haben. Warum Du die These mit dem Baum der Amme trotz des Textbefundes für seriös hältst, ist nicht so ganz klargeworden.Friederich schrieb:Du willst mit der Bemerkung vom »großen Baum« nicht wirklich ernsthaft zum Ausdruck bringen, daß Du an der These festhältst, daß der Baum, der »Terebinthe der Trauer« heißt und im Tal steht, identisch sein könnte mit dem Baum, der »Palme Deborahs« heißt und auf dem Berg steht?Mal ganz davon abgesehen, dass ich diesem Detail nun mal absolut nicht das Gewicht zuordnen kann, wie du es hier sehr bemüht machst, sehe ich diese These als durchaus seriös an.
(27.02.2012, 15:08)Charly-l schrieb: Aber ich bin auch nicht auf der zwanghaften Suche nach Details, die Frauen unbedingt gegenüber dem Mann schlechter dastehen lassen sollen. Dazu habe ich mich zu viel mit dem biblischen Menschenbild beschäftigt, als das ich auf diesen traditionellen Irrtum noch hereinfalle.Der Irrtum besteht doch gerade darin, daß man die Unterschiedlichkeit der Berufungen in ein »Besser-Schlechter-Schema« pressen will. Und auf die Idee kommt man eigentlich nicht, wenn man sich mit dem biblischen Menschenbild auseinandersetzt, sondern wenn man sich mit den egalitaristischen Gegenentwürfen dazu einläßt. Das biblische Menschenbild ist in keiner Hinsicht egalitär — das betrifft nicht nur die Geschlechter, sondern alle möglichen sozialen Beziehungen.
(27.02.2012, 21:37)kommentarx schrieb: Lieber Friedrich, es tut mir leid, ich wollte dich nicht so in die Ecke drängen!
(27.02.2012, 21:37)kommentarx schrieb: … Oder entspringen sie einem sehr gekränkten Herzen?Versuch mal einfach, sachbezogen zu argumentieren und nicht ad hominem. Hier wird sehr viel Wert auf respektvollen Umgang miteinander gelegt.
(27.02.2012, 21:37)kommentarx schrieb: Wieso soll ausgerechnet eine Frau zur Richterin vom Volk berufen werden, obwohl es nach deiner Meinung genügend männliche Führer gegeben hat?Das hatte ich doch schon erklärt. Es war ein Gericht, ein dahingegebenwerden infolge der Verfehlung des Volkes.
(27.02.2012, 21:37)kommentarx schrieb: Und wie du selbst schon bemerkt hast, dass dieser schwache Barak unter die hervorragenden Glaubenszeugen gerechnet wurde - wem hat er vertraut - weshalb ist er in die "Hall of Fame" aufgenommen worden?Wo ist das Problem? Da sind lauter schwache Menschen versammelt, sogar Leute wie Simson, die in ihrem Leben eine ganze Menge nicht auf die Reihe gekriegt haben. Aber es gab Punkte, wo sie gezeigt haben, daß sie eben doch Gerechte waren.
(27.02.2012, 21:37)kommentarx schrieb: Durch wessen Hand ist der Gegner gefallen - schon wieder durch eine Frau - wie ärgerlich?Nicht nur das, sondern auch durch Verrat. Denn eigentlich hatte Heber Frieden mit Jabin, und daß Sisera in diesem Zelt nicht sicher war, war ein klarer Rechtsbruch. Auch dies ist ein Gericht, aber eigentlich eine Geschichte für sich (eine interessante zumal: Jabin ist Werkzeug des Gerichtes an Israel, Jael ist Werkzeug des Gerichtes an Jabin bzw. dessen Feldherr). Die Bibel ist mitunter ziemlich vielschichtig und entzieht sich unserem pietistischen Wunsch, die Welt in nur-gute und nur-schlechte Menschen einzuteilen. Und: Sie ist voll von Beispielen, daß ein Mensch, der unrecht handelt am Ende eben doch ein Werkzeug in der Hand Jahwehs ist.
Die Sache mit Pilatus und Deborah hatte ich doch oben auch schon erklärt: Wenn die reguläre Hierarchie umgekehrt wird, dann ist dies ein Zeichen von Verwerfung und Gericht.
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* In einem anderen Zusammenhang hatte ich dazu geschrieben:
Zitat:Es ist den konkordanten Übersetzern vorgeworfen worden, daß sie durch technische Formtreue nicht in der Lage wären, das »Implikat« des Textes, also das, was unausgesprochen darin eingeschlossen und gemeint sei, zu übermitteln. Kurz: Man wirft ihnen indirekt vor, daß sie die Übersetzung nicht zum Mittel der Auslegung des Textes machen. Wer so denkt, weist dem Übersetzer die Aufgabe zu, den impliziten Bedeutungsanteil in der Übersetzung »auszulesen« und festzuschreiben. Damit erhält der Übersetzer aber die Deutungshoheit über den Text. Konkordante Übersetzungen beschränken sich auf die Übertragung des expliziten Bedeutungsanteils, vulgo: Des geschriebenen Textes. Allerdings ist hierbei anzumerken, daß es immer eine gewisse Grauzone gibt und daß wohl jeder Übersetzer gewisse implizite Informationen weiterreicht. Jedoch die Tendenz ist klar: Während »kommunikative« Übersetzungen dies als Tugend sehen und bis dahin treiben, daß die Übersetzung als Mittel der Exegese begriffen wird, meiden konkordante Übersetzungen dies, wo immer möglich. Die Textauslegung wird damit vom Übersetzer dorthin zurückgegeben, wo sie hingehört: Zum Leser.
Daß dies auf Widerstand seitens der etablierten Theologie stößt, ist verständlich. Seit Beginn der Brüderbewegung im 19. Jahrhunderts tut Gott nämlich ganz Erstaunliches: Die Exegese (Auslegung) biblischer Texte, seit vielen Jahrhunderten fest in der Hand professioneller Kleriker (so fest, daß Besitz oder Auslegung der Bibel durch Laien zuzeiten mit höchst drakonischen, mitunter letalen Strafen unterbunden wurde) ward auf einmal zurückgelegt in die Hände der Zimmerleute, Fischer und Zeltemacher, denen sie von Anfang an anvertraut war. Lehrgerüste, die seit Jahrhunderten unstrittig schienen, wurden jetzt auf einmal von ebendiesen Arbeitsleuten mit der Bibel in der Hand hinterfragt. Die Deutungshoheit über die Schrift wurde plötzlich den Klerikern in Kirche und Universität entrissen. Nachdem man kirchlicherseits nun nicht mehr beeinflussen und kontrollieren konnte, was gepredigt, wie die Schrift ausgelegt wird, blieb vorerst die Übersetzung derselben die letzte klerikale Domäne. So ist zu erklären, daß die Verteidigung, ja Propagierung der Übersetzung als Mittel der Auslegung — was ja eigentlich für jeden »Bibeltreuen« eine Obszönität sondergleichen sein sollte — keinen Aufschrei der Empörung hervorruft. Die Vorverlagerung der Exegese von der Predigt in die Übersetzung hinein sehe ich als Rückzugsgefecht des universitären Klerus, die diesem einen Teil seines exegetischen Einflusses erhalten soll. Beim Übersetzen ist man noch unter sich, weitgehend unbehelligt vom Fußvolk der Schreiner, Fischer und sonstiger Hand-Werker. Kann man diesen das Wort nach dem Druck der Bibel schon nicht mehr auslegen, so tut man es nun vorher.
Der natürliche Feind des Klerus ist der mündige Christ. Wer die Exegese der Schrift als Übersetzer vorwegnimmt und sie damit dem Leser entzieht, entmündigt diesen.