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Liest du eigentlich deine Bibel?
#1
In der letzten Zeit habe ich mehrfach Berichte gelesen, wie in den ersten Gemeinden die Treffen abgelaufen sind. Vieles war sehr einfach und hat mit den uns so bekannten Gottesdienstabläufen wenig gemein. Wenn wir uns z.B. die Wortbetrachtung ansehen, so hat dort Niemand der Versammlung der Christen gepredigt. Jemand aus der Runde las ein Bibelwort vor (oder besser zitierte es aus dem Gedächtnis) oder brachte ein Thema ein. Das konnte Jeder sein, der z.B. lesen konnte oder fähig und mutig genug war etwas vorzutragen, dafür waren keine speziell geschulte Mitglieder notwendig. Dieser brachte dies also ein und sagte ein paar Gedanken dazu. Dann übergab er/sie das Thema der Versammlung und nun war Jeder aufgefordert Kommentare sowie andere Schriftstellen dazu zu ergänzen.

So etwas gefällt mir. Ich mag es eigentlich, wenn Christen reif werden und nicht vorgedachte Lehren einfach nur schlucken. Das müsste man doch auch in den Hausgemeinden gut umsetzen können........... oder?
Wer die Überschrift gelesen hat, ahnt was jetzt kommt: Ich mache an vielen Plätzen die Erfahrung, dass man so mit Christen kaum arbeiten kann. Warum nicht? Weil sie in ihren Gedanken zu den vorgebrachten Themen keine Verbindung zu anderen Bibelstellen finden. Und warum finden sie diese nicht? Weil sie ihre Bibel nicht kennen, denn sie lesen sie nicht.
Bringe ich ein Thema vor und nenne dazu eine Bibelstelle und frage nun: ?Was fällt euch dazu ein?? folgt oft schlicht Schweigen. Oder ich frage: ?da war doch noch eine Stelle, wo ähnliches gesagt wurde, wer weiß grad wo die sein könnte?? folgt oft auch Schweigen oder ratloses Stirnrunzeln.

Mehr und mehr treffe ich auf langjährige Christen, denn man erst in ihrer Bibel zeigen muss, wo z.B. der Jakobusbrief zu finden ist. Das zeigt mir, dass sie ihr eigenes Buch / ihre eigene Bibel nicht lesen.

Wem will ich nun Vorwürfe machen? Ich will Niemanden etwas vorwerfen, ich möchte auf etwas aufmerksam machen.
Wir haben eine Jahrhunderte alte Tradition regelmäßig in einen Gottesdienst zu kommen und dort Lesungen und Predigten vorgetragen zu bekommen. Wir sind es gewohnt, dass wir nicht selber wissen müssen, wo was in der Bibel steht. Und Heutzutage ist es ja noch ?besser?, denn Heute wird in vielen Gemeinden nicht mehr aufgefordert seine eigene Bibel aufzuschlagen und mitzulesen. Heute werden dort die Bibelverse per Beamer auf eine Leinwand projiziert. So bleibt es dem Gottesdienstbesucher noch nicht mal in seinem visuellen Gedächtnis verhaftet, wo in seiner Bibel dieser Vers zu finden ist. In so manchen Gemeinden ist es auch schon lange nicht mehr Sitte überhaupt eine eigene Bibel mit zum Gottesdienst zu bringen.
Des weiteren haben wir gelernt uns damit zu begnügen, dass es besonders begabte, geschulte und berufene Leute in unseren Gemeinden gibt, die quasi für uns die Bibel studieren und uns die Ergebnisse mundgerecht servieren. Ja selbst das kauen haben wir verlernt ? wir schlucken nur noch.

Eigentlich müssten wir einen Streik ausrufen. Einen Streik Derer, von denen erwartet wird die Bibel zu kennen und ihre Studien häppchenweise zu servieren. Gerade in unseren Hausgemeinden sollten wir anfangen wieder jeden Einzelnen aufzufordern seine Bibel zu lesen und sich am Austausch zu beteiligen.

Hier am Ort gibt es eine kleine Versammlung von Christen, auf die andere Gemeinden in der Umgebung schon seit Jahren etwas arrogant herabschauen. Es gibt verschiedenste Vorbehalte dieser Versammlung gegenüber. Es ist auch eine besondere Versammlung. Denn dort kommen Christen zusammen, die woanders nicht so gerne gesehen werden ? deren Leben nicht so strikt fromm geradeaus verläuft. Ich werde dorthin immer wieder zum predigen eingeladen und komme sehr gerne. Denn so konfus das Leben so mancher der Besucher dort auch sein mag, dort brauche ich nicht nach ergänzenden Bibelstellen fragen ? sie werden einfach mitten in die Predigt eingeworfen. Halleluja! Diese Christen, deren Leben nicht so fromm-konform erscheinen lesen und kennen ihre Bibel. Immer haben wir angeregte interaktive Versammlungen ? zumindest wie ich das beurteilen kann. Bei ihnen ist ein Hunger nach Gottes Wort und Weisung zu spüren, wie ich es in so vielen Gemeinden vermisse. Es mag sein, dass dies dadurch kommt, dass sie für ihre ? nicht so gerade verlaufenden ? Leben genau das brauchen.
Fast fühle ich mich versucht zu unserem Gott auszurufen: ?Gott, mach die Wege der Gläubigen krummer und steiniger. Lass sie über Hürden und Hindernisse stolpern, damit sie wieder Hunger nach deinem Wort und deinen Weisungen bekommen!?

1.Kor.14,28 "Was ist nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Sprache[nrede], hat eine Offenbarung, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung." (nach der Elberfelder Übers.)

Charly
Trotz so manchem Tief das ich erlebt habe, immer noch oder gerade deshalb Christ Cool
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#2
Hallo Charly,

was du hier richtigerweise beklagst ist ein uraltes Problem - die Existenz von Kleriker und Laien. Laien brauchen die Bibel nicht zu kennen und nicht zu lesen, das tun die Kleriker für sie. Pastoren, Priester und andere Vollzeitige sind die Fachleute in Sachen Bibel und wenn sie gut organisiert sind, verabreichen sie die geistliche Kost mundgerecht in kleinen Häppchen und die Konsumenten brauchen keinen Finger krumm zu machen.
Die Verursacher dieser falschen Haltung sind auf beiden Seiten zu suchen, die Kleriker, die sich ihre Machtpostion ausbauen wollen und die Laien, die Bequemlichkeit vorziehen und sich lieber mit weltlichen Dingen beschäftigen wollen.
Und jetzt kommts - in einer echten Hausgemeinde geht das nicht mehr. Jeder kommt dran und wird den Umgang mit der Bibel lernen (sollen, dürfen, können). Natürlich gibt es auch da wieder auf beiden Seiten solche die hartnäckig an dem Laien-Klerus- system festhalten.

Gruß Richard

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#3
Hallo Charly+Richard,

ganz meine Meinung!!

Gruß

Hans-Otto
Gottesmord auf Golgatha
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#4
Hallo,

das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei Euch. Ich staune immer wieder über diesen Reichtum. Es ist dieses lebendige, dieses heilende, dieses ruhig machende, dieses frieden stiftende, dieses auf erbauende, dieses erquickende Wort für meine Seele, Vitamin C für mein Herz.

Dieses Wort unseres Gottes, ein Geschenk für mein Sein, für mein Leben. Brot des Lebens. Ich verhungere, wenn ich es nicht selbst kaue, wenn ich es nicht selbst schlucke. Gott schenkt erkennen durch sein Wort, ich selbst kann nicht erklären, wie ich erkenne.

Wenn wir in unseren Hauskreisen erkennen, dass das kauen für jeden nur Vorteile bringt, können wir weiter gehen. . Wie kann ich, Geschwister dazu anleiten, dazu motivieren die Wichtigkeit dieser Spiritualität neu zu entdecken um dadurch zu einem mündigen Christ zu werden. Diese Spiritualität steht konträr zu meiner Prägung als Christ der letzten Jahrzehnte. Vielleicht führt mich diese Spiritualität zur Demaskierung meines Selbst und davor habe ich angst.

Vielleicht kann ich als Hauskreisleiter versuchen, den anderen höher zu achten als mich selbst, ich meine hiermit, räume ich meinen Hauskreisteilnehmern ein, meine Position übernehmen zu können. Kann ich mich zurücknehmen. Wie sehe ich die Wichtigkeit meiner Hauskreisleiterstellung, wo ordne ich diese ein. Ich bin nichts Besonderes. Wie kann ich die klerikale Veranlagung in mir reduzieren? Wie werde ich frei von meiner Veranlagung, überzeugen zu wollen. Wird dieser Wunsch in mir, von meinen Geschwistern eventuell als Schwäche ausgelegt und missverstanden? Wie kanalisiere ich diese ?Kreuzigung??

Gibt es denn für uns Christen zwischen klerikalem und säkularem Bewusstsein, eine Alternative? Ich bewege mich entweder auf der einen oder auf der anderen Seite.
Ich erahne, Hausgemeinde leben ist diese Möglichkeit eines neuen Bewusstseins. An der Liebe untereinander werden sie uns erkennen. Wie weit sind wir in unseren christlichen Gemeinden, von dieser Liebe entfernt. Ist der spirituelle Weg, das Wort zu kauen und zu schlucken, eventuell eine Möglichkeit in diese Liebe zu kommen?

Gott segne das Entstehen von Hausgemeinden

Gruß
Hans-Otto


Gottesmord auf Golgatha
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#5
[quote]Gibt es denn für uns Christen zwischen klerikalem und säkularem Bewusstsein, eine Alternative?
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#6
Hallo Hans- Otto,

ich denke schon, dass es eine Alternative zwischen klerikalem und säkularem Bewußtsein gibt. Und das ist im Grunde genau das, was wir als Haukirchenleute leben wollen.
Die Kleriker (Pastoren, Priester, Bibelschüler etc) brauchen wir nicht in der Hausgemeinde und da, wo wir ihre Wesenszüge angenommen haben, müssen wir lernen, "es sein zu lassen". Als wir mit der Hausgemeinde anfingen haben alle alles von mir erwartet, so wie sie es jahrelang und ich jahrzehntelang kannte - obwohl ich kein Kleriker war und bin, haben sie mich in diese Rolle gesteckt - und ich habe gestreikt und habe nichts gemacht. Es hat lange gedauert, bis das endlich engekommen war, das wir als Hausgenossen alle "etwas haben", das es Wert ist mitzuteilen (s. 1.Kor.14,26).
Dann war aber die Herausfoderung, wie können wir, trotzdem, dass wir keine Kleriker, keine Zeremonien, keine Dogmen etc. haben verhindern, dass wir ins Säkulare abrutschen?
Da haben wir 3 Hilfen entdeckt:
1. Der Heilige Geist, der sein programm schon vorbereitet hatte, bevor wir anfingen.
2. Das Wort Gottes, das wir alle fleißig und eifrig gemeinsam studieren konnten, um zu lernen, was Gott zu uns sagt.
3. Jemand (einer / mehrere) unter uns, die ein starkes Verantwortungsbewußtsein für die ganze Gemeinde haben und demenstprechend den anderen dienen.
Da hat uns geholfen, nicht säkular zu werden, sondern geistlich zu beliben.

Gruß Richard
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#7
Lieber Friedrich,

ich denke, säkular und klerikal ist auf die erste Sicht schon ein Gegensatz. Wobei das eine nicht ohne das andere existieren kann. Anstelle von säkular hätte ich besser ?nicht klerikal? (laikal) einsetzen sollen.

Mir geht es doch darum, aus diesen beiden Ebenen herauszukommen, d.h., einen Weg zu finden, auf dem ich sowohl den Kleriker in mir, als auch den Laien gesund miteinander verbinden kann. Und ich merke, dass das ohne den heiligen Geist nicht geht.

MfG
Hans-Otto
Gottesmord auf Golgatha
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#8
So richtig ist mir noch nicht klar, worauf Du hinauswillst. Wahrscheinlich verbinden wir mit den Begriffen unterschiedliche Inhalte. Warum soll der heilige Geist den Kleriker und den Laien in Dir versöhnen? Muß nicht der Kleriker einfach gekreuzigt werden, damit der Laie dienen kann?
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#9
Hallo ihr beiden,

vielleicht kann ich das etwas aufklären. Ich habe verstanden, was Hans- Otto meint, ich konnte es nachvollziehen und habe dementsprechend geantwortet. Trotzdem, hat Friederich recht, man muß das klarer herausstellen -
der fachliche Gegensatz ist "Kleriker - Laie".
Klerus (griechisch klerós = Los, Anteil, Erbteil) Petrus ermahnte in 1.Petr. 5 die Ältesten über ihren "Anteil der Herde" (kleros) nicht zu herrschen, sondern als Vorbilder zu handeln. Vom Wortstamm hat das Wort auch zu tun mit "erwählung" (klesis, kletos)Daraus entickelte sich dann er Kleriker, der aus dem einfachen Volk erwählte, der Priester, der Aufsicht über ein Teil des Volkes Gottes hat.
- im Gegensatz zu dem Laien: (griechisch laos = Volk, Plebs - das waren eben die, über die der Kleriker Autorität hatte.
Aus dieser anfangs vernünftigen Unterteilung entstanden im Laufe der Kirchengeschichte zwei "Klassen" in der Kirche, die Kleriker (Priester, mit Ausbildung und Ordination) und die Laien, das einfache Volk, das keine Ahnung vom "geistlichen Geschäft" hat. Damit war, leider, der alte heidnische Priesterkult, wie er in allen anderen Religionen zu finden ist auch im Christentum wieder eingeführt worden. Das begann bereits um 100 n. Chr.

Das andere Gegensatzpaar ist "säkular und geistlich", was soviel heißt wie weltlich und, eben geistlich (auf Gott ausgerichtet)

Deshalb meine ich nun, es ist weder erstrebenswert ein Kleriker zu sein, oder klerikal zu handeln, in dem Sinne, was das innerhalb der Kirche bedeutet, als auch säkular zu sein.
Da wir das Priestertum aller Gläubigen in den Hausgemeinden suchen, brauchen wir keine Kleriker (ordinierte Preister, Pastoren, Pfarrer, Theologen), sondern müssen allen Gläubigen Gelgenheit zum Dienen geben (= Zurüstung zum Dienst entsprechend Eph.4) und ihnen helfen, geistlich zu wachsen und nicht ins Säkulare abzurutschen.

Jetzt wirst du sagen, aber was ist dann mit den Leuten, die eine "gewisse Verantwortung" in dem ganzen ausüben sollen (können, dürfen, müssen) - das ist eine andere Frage, dazu haben wir andere Diskussionsthreats bereits eröffnet.

Gruß Richard
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#10
Zitat:Daraus entickelte sich dann er Kleriker, der aus dem einfachen Volk erwählte, der Priester, der Aufsicht über ein Teil des Volkes Gottes hat.
- im Gegensatz zu dem Laien: (griechisch laos = Volk, Plebs - das waren eben die, über die der Kleriker Autorität hatte.
Aus dieser anfangs vernünftigen Unterteilung entstanden im Laufe der Kirchengeschichte zwei \"Klassen\"?
Ich kann auch nicht sehen, daß diese Unterteilung »anfangs vernünftig« war. Sie widerspricht doch dem Leibesgedanken, demzufolge es verschiedene Glieder mit verschiedenen Diensten gibt, aber alle auf der gleichen hierarchischen Stufe stehen, nämlich unter dem Haupt Christus, so daß auch die Ältesten Vorbildcharakter haben, aber nie eine eigene Schicht bilden sollten.
Die Frage ist doch bei jedem Dienst, ob er aus dem Leib heraus oder über dem Leib getan wird, ja ob er überhaupt noch als Dienst empfunden wird oder schon als Amt.
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