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Entdeckungen in der Bibel
#31
Hallo ihr Lieben,
heute schreibe ich euch etwas über unseren Bruder Rufus.
Rufus taucht im Römerbrief auf. Der Brief an die Gemeinde in Rom hat unter den Briefen von Paulus die Ausnahmestellung, dass er der einzige ist, den Paulus an eine Gemeinde schreibt, die er nicht persönlich kennt und der er erst einen zukünftigen Besuch ankündigt. In Kapitel 16 lässt er aber an über dreißig Leute Grüße ausrichten, die er alle schon gekannt haben muss. Das heißt, irgendwo auf seinen Reisen und Diensten zwischen Jerusalem und Illyrien sind sie irgendwann einmal mit ihm zusammengewesen. Darunter waren Rufus und seine Mutter - Vers 13: "Grüßt Rufus, den Auserwählten im Herrn, und seine Mutter - und meine!"
In Markus 15,21 wird Rufus aber auch schon erwähnt: "Einen, der vorbeiging, Simon von Kyrene, der vom Feld kam, den Vater von Alexandros und Rufus, zwangen sie, seinen Kreuzigungsbalken zu tragen." Allein Markus hat an dieser Stelle Simons Söhne erwähnt, Alexandros und Rufus. Deren Erwähnung ist eigentlich nur sinnvoll, wenn Leser des Evangeliums mit der Nennung der Beiden etwas anfangen können.
Wenn man nun bedenkt, dass Markus seinen Bericht über Jesus infolge seiner Tätigkeit als Übersetzer von Petrus in Rom geschrieben hat, dann passt es zusammen. Wenn Rufus in Rom war, dann ist es kein Wunder, wenn Markus ihn erwähnt, dann war er dort bekannt.
Aber Markus kannte ihn schon vorher. Simon von Kyrene war zur Zeit von Jesus mit seiner Familie in Jerusalem ansässig, wo ihn die römischen Soldaten bei einem Gang aufs Feld zwangen, den Kreuzigungsbalken von Jesus zu tragen. Wenn Simon und seine Familie damals schon gläubig waren oder es durch die Ereignisse wurden, waren sie in der Jerusalemer Gemeinde, und zu der gehörte auch Johannes Markus.
Wo und wann Rufus und seine Mutter dann mit Paulus zusammen waren, wissen wir nicht, aber es muss intensiv gewesen sein, wenn Paulus sie auch als seine Mutter bezeichnet. Dann ist Markus in Rom wieder mit Rufus zusammengekommen, und auch Paulus lässt ihn dort grüßen mit seiner Mutter, die inzwischen wohl verwitwet war, da man von ihrem Mann Simon nichts mehr hört.
Soweit die kleinen Einblicke in die Geschichte von unserem Bruder Rufus, der uns in der Ewigkeit sicherlich mehr darüber erzählen kann ...
Mit herzlichen Grüßen - der Herr segne euch!
Uli
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#32
Hallo ihr Lieben,

nachdem ich in letzter Zeit immer wieder mal etwas über einzelne Personen im Neuen Testament geschrieben habe, fange ich hiermit eine neue kleine Reihe an über Stellen, in denen speziell Frauen erwähnt werden.

Schauen wir heute einmal ins Lukasevangelium:

Auch bei Matthäus, Markus und Johannes spielen die Frauen im Kreuzigungs- und Auferstehungsbericht eine wichtige Rolle, bei Lukas erfahren wir aber auch schon vorher von ihnen, Lk. 8,1-3: "Und als er der Reihe nach durch Stadt und Dorf zog, da verkündete er und brachte die gute Nachricht vom Reich Gottes, auch die Zwölf mit ihm und einige Frauen, die geheilt waren von bösen Geistern und Gebrechen: Maria, die 'Magdalena' genannt wurde, von der sieben dämonische Geister hinausgegangen waren, Johanna, die Frau von Chuzas, einem Verwalter des Herodes, und Susanna und viele andere, die ihnen (mit Mitteln) aus ihrem Vermögen dienten."
Jesus hatte also im größeren Jüngerkreis außerhalb der Zwölf nicht nur männliche Jünger, sondern auch Jüngerinnen, was den Gepflogenheiten der damaligen Zeit mit Sicherheit widersprach. Dann verstehen wir auch besser, warum Maria, als sie sich zu Füßen von Jesus setzte und ihm zuhörte, "den besseren Teil erwählt" hatte, statt Marta in der Küche zu helfen. Auch das berichtet uns natürlich Lukas.
Auch wichtige Frauengestalten würden wir ohne ihn nicht kennen: Elisabeth, die Frau von Zacharias, die Prophetin Hanna, die Sünderin, die Jesus die Füße salbte, und in der Apostelgeschichte Tabitha, Lydia und Damaris. An vielen Stellen legt Lukas nebenbei auch Wert darauf, dass "auch Frauen" dabei waren oder dazukamen.
Und nun noch eine Feinheit zur obigen Stelle Lukas 8,1-3. Ich hatte sie ursprünglich mal so übersetzt, wie sie wohl auch in den meisten Übersetzungen steht (Wer bemerkt den Unterschied?): "Und als er der Reihe nach durch Stadt und Dorf zog, da verkündete er und brachte die gute Nachricht vom Reich Gottes. Und die Zwölf waren bei ihm und einige Frauen, die geheilt waren von bösen Geistern und Gebrechen: Maria, die 'Magdalena' genannt wurde, von der sieben dämonische Geister hinausgegangen waren, Johanna, die Frau von Chuzas, einem Verwalter des Herodes, und Susanna und viele andere, die ihnen (mit Mitteln) aus ihrem Vermögen dienten."
Diese zwei Übersetzungsmöglichkeiten gibt es in Lukas 8,1-3: In der traditionellen (zweiten) Version tut Jesus seinen Dienst, und die zwölf Jünger und die Frauen sind bei ihm. In der alternativen (ersten) Version sind die Zwölf und die Frauen mit ihm im Dienst. Wen wundert's, dass ich das letztere im Zusammenhang des Neuen Testaments für die wahrscheinlichere und glaubwürdigere Version halte? Im Reich Gottes sind Frauen gleichwertig und gleichberechtigt - und Lukas ist ein wichtiger Zeuge dafür.

Mit herzlichen Grüßen!

Uli
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#33
Hallo ihr Lieben,
heute schreibe ich euch einmal etwas über die "Brüder" im Neuen Testament.
Es ist eigentlich logisch, dass man als Übersetzer ein Wort nur dann richtig übersetzt, wenn man es in der richtigen Bedeutung übersetzt. Ein Wort der einen Sprache kann mehrere Bedeutungen haben, die man in der anderen Sprache nicht mit einem einzigen Wort übersetzen kann. Daran scheitert auch immer der Versuch einer konkordanten Übersetzung, bei der man im Deutschen immer dasselbe Wort für ein griechisches gebrauchen will. Ich habe die konkordante Methode in meiner Übersetzung eine Zeit lang versucht, bin aber recht schnell davon abgekommen. Wo es geht, übersetze ich ein griechisches Wort immer mit dem gleichen deutschen, aber es sind nicht viele Wörter, bei denen das geht. Das Wort "pneuma" z.B. heißt zwar meistens "Geist", aber an wenigen Stellen heißt es doch einfach "Wind".
Ein wichtiger Fall in diesem Sinne ist das griechische Wort "adelphós", das in einer Bedeutung "Bruder" heißt, aber eben nicht immer. Fangen wir im Plural an, da ist es zunächst einfacher. Es gibt in unserer Sprache "Brüder", "Schwestern" und das schöne Wort "Geschwister". Im Griechischen heißt "adelphai" eindeutig "Schwestern". "Brüder" sind "adelphoi". Wenn es aber Männer und Frauen sind, also Geschwister, sagt der Grieche ebenfalls "adelphoi". Dieses Wort muss also immer vom Zusammenhang her entweder mit "Brüder" oder mit "Geschwister" übersetzt werden. Wenn Paulus in seinen Briefen also "meine adelphoi" anredet, dann muss man, da alle angesprochen sind, also auch die Frauen, ganz eindeutig mit "meine Geschwister" übersetzen. "Meine Brüder" wäre falsch übersetzt.
Etwas komplexer wird die Sache im Singular. Da ist es im Griechischen im Prinzip dasselbe, aber im Deutschen haben wir kein Wort für ein einzelnes "Geschwister", leider. Das griechische "adelphos" heißt dann je nach Sinnzusammenhang entweder "Bruder" oder "eines der Geschwister" bzw. "Bruder oder Schwester". Wenn ich also z.B. Römer 14,10 so übersetze: "Du aber, was richtest du deinen Bruder oder deine Schwester? Und du, was schätzt du denn deinen Bruder oder deine Schwester gering?", dann habe nicht irgendeinem Zeitgeist entsprechend die Frauen mit hineingeflickt, sondern ich habe einfach richtig übersetzt.
Die bekannte "philadelphia", wäre dann demnach auch nicht die "Bruderliebe", sondern die "Geschwisterliebe". Da "philia" aber statt mit "Liebe" noch treffender mit "Freundschaft" zu übersetzen ist, ist "philadelphia" dann die "Freundschaft mit den Geschwistern". Ja, wenn wir das doch recht begreifen würden - als Christen sind wir Geschwister, und wir sind Freunde ...

Mit herzlichen Grüßen - der Herr segne euch!
Uli
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#34
Hallo ihr Lieben,
heute schreibe ich euch mal was zu der berühmten Stelle über die "Kopftuchfrage" in 1.Kor. 11.
Der 1.Korintherbrief ist ein dialogischer Brief, in dem sich Paulus intensiv mit verschiedenen Ansichten und Richtungen in der Korinther Gemeinde auseinandersetzt. Deshalb gibt es dort auch Zitate von Meinungen aus Korinth. Da man aber im Griechischen damals beim Schreiben noch keine Satzzeichen verwendte, also auch keinen Doppelpunkt oder Anführungszeichen, ist das Erkennen von Zitaten im Text manchmal recht schwierig und nur aus dem Zusammenhang möglich.
In Korinth gab es damals eine gesetzliche Richtung mit jüdischem Hintergrund, die unter anderem die Verschleierung der Frauen in der Gemeinde forderte (Im Griechischen ist nicht von einem Kopftuch, sondern von einem Schleier die Rede). Mit dieser Ansicht setzte sich Paulus auseinander. Das Buch von Thomas Schirrmacher "Paulus im Kampf gegen den Schleier" war mir eine große Hilfe, diesen Text richtig zu verstehen. In 1.Kor. 11 zitiert Paulus zunächst die Sicht dieser Leute und antwortet anschließend darauf. Dass man dieses Zitat nicht als solches erkannt hat, hat in der christlichen Gemeinde schon sehr viel Not bereitet. Ich habe den Text mit Erklärungen in Klammern zum besseren Verständnis aufbereitet wie folgt -1.Kor. 11,3-16:
"Ich will aber, dass ihr wisst: (Einige bei euch vertreten folgende Lehre:) „Das Haupt jedes Mannes ist der Messias, Haupt einer Frau der Mann, Haupt des Messias Gott. Jeder Mann, der betet oder prophetisch spricht und etwas über den Kopf herab hat, beschämt seinen Kopf. Jede Frau, die betet oder prophetisch spricht mit unverhülltem Kopf, beschämt ihren Kopf. Es ist ein und dasselbe (wie) bei einer, (der der Kopf) rasiert wurde. Wenn eine Frau sich nicht verhüllt, soll sie auch geschoren werden! Wenn es für eine Frau aber schändlich ist, geschoren oder rasiert zu werden, soll sie sich verhüllen! (Kurzgeschorene Haare oder ein rasierter Kopf waren Kennzeichen von Sklavinnen, die im Unterschied zu ihren Herrinnen keine schönen Frisuren haben durften.) Ein Mann muss sich freilich nicht den Kopf verhüllen, denn er ist Bild und Herrlichkeit Gottes, die Frau ist Herrlichkeit eines Mannes. Denn der Mann ist nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann, und der Mann wurde ja nicht wegen der Frau geschaffen, sondern die Frau wegen des Mannes.”
(Dazu sage ich:) Deswegen muss die Frau Macht über ihren Kopf haben: wegen der Engel! (Laut Kapitel 6,3 wird sie mit über Engel richten, dann wird sie ja wohl auch über ihren eigenen Kopf bestimmen dürfen!) Abgesehen davon gibt es beim Herrn keine Frau ohne einen Mann und keinen Mann ohne eine Frau, denn wie die Frau aus dem Mann (gekommen) ist, so (kommt) auch der Mann durch die Frau, und das alles von Gott. Urteilt bei euch selbst: Es ist angemessen, dass eine Frau unverhüllt zu Gott betet! Auch die Natur selbst lehrt euch nicht, dass es für einen Mann, wenn er sich die Haare wachsen lässt, eine Entehrung sei, für eine Frau aber, wenn sie sich die Haare wachsen lässt, eine Ehre sei. Die Haare sind doch (allen von Gott) als Kleidung gegeben. Wenn aber jemand meint, streitlustig sein zu müssen: Wir haben einen solchen Brauch (einer Verschleierung) nicht, auch die Gemeinden Gottes nicht!"

Nun ist das Widersprüchliche in diesem Text endlich geklärt, weil es sich um einen echten Widersprung handelt in dem Sinne, dass Paulus einigen Leuten in Korinth mit ihrer gesetzlich-jüdischen Einstellung massiv widersprechen muss. Und ganz nebenbei erfährt man auch, dass Frauen in der Korinther Gemeinde öffentlich gebetet und prophetisch gesprochen haben ...
Mit herzlichen Grüßen!
Uli
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#35
Das ist aber doch schon sehr kräftig gedeutet und weniger reine Übersetzung. Thematisch bin ich nicht weit weg von dir. Doch hier klar festzulegen, was hier tatsächlich als Zitate - so es denn auch tatsächlich welche waren - festzustellen sind, ist schon sehr lange ein umstrittenes Thema bei den Exegeten.
Trotz so manchem Tief das ich erlebt habe, immer noch oder gerade deshalb Christ Cool
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#36
Hallo ihr Lieben,

im 1. Korintherbrief gibt es noch so eine Stelle, die man nur ohne Schwierigkeiten verstehen kann, wenn man sieht, dass Paulus eine Meinung aus Korinth zitiert. Es handelt sich um 1.Kor. 14,34-36.

Ich zitiere aus meiner Übersetzung mit den sinngemäßen Verdeutlichungen und Erklärungen in Klammern:

"(Einige bei euch sagen:) 'Die Frauen sollen in den Versammlungen schweigen, es ist ihnen nämlich nicht erlaubt zu sprechen, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz es sagt. Wenn sie etwas lernen wollen, sollen sie zu Hause ihre Männer fragen, es ist doch schändlich, wenn eine Frau in der Gemeinde spricht.'
(Interessanterweise sagt das Gesetz im Sinne des Alten Testaments das gar nicht, wohl aber einige jüdische Schriftgelehrte aus der damaligen Zeit. Auch das spricht dafür, dass Paulus hier eine Meinung aus Korinth zitiert.)
(Ich sage dazu: Nein!) Ist das Wort Gottes etwa von euch ausgegangen? Oder ist es allein zu euch gekommen? Wenn jemand meint, ein Prophet zu sein oder geistlich, dann soll er klar erkennen, dass das, was ich euch schreibe, ein Gebot des Herrn ist. Wenn jemand es aber nicht erkennt, soll man ihn nicht kennen!"

Für bibeltreue Leser ist es von großer Tragweite, solche Stellen richtig zu erkennen. Wenn es sich hier nicht um ein Zitat aus Korinth handeln würde, sondern um eine Weisung von Paulus, dann müssten wir uns ohne wenn und aber daran halten. Oder wir würden uns mit ungutem Gewissen darum herumdrücken und anfangen, gewisse Dinge im Wort Gottes doch nicht so ganz ernst zu nehmen, wie es mit solchen Stellen dann doch meistens gemacht wird. Das Problem der "Bibeltreuen" ist ja, dass sie nur bibeltreu sind, soweit es ihnen passt.

Ich finde es sehr befreiend, die Argumentation von Paulus hier - ebenso wie in Kapitel 11 - zu durchschauen und guten Gewissens all diese Gesetzlichkeiten beiseite legen zu können ...

Mit herzlichen Grüßen

Uli
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#37
Hallo Uli,

zu dieser Bibelstelle hat Jakob Wiebe 2010 einen sehr lesenswerten Text herausgegeben, der deine Sicht unterstützt: "Das Schweigen der Frauen. Haben wir Paulus da richtig verstanden?" Hier z. B. auf amazon zu finden
Trotz so manchem Tief das ich erlebt habe, immer noch oder gerade deshalb Christ Cool
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#38
Hallo ihr Lieben,
zu den Bibelstellen, die speziell Frauen betreffen, gehört auch 1.Timotheus 2,8-15, wo angeblich gesagt wird, dass Frauen gerettet werden durch Kindergebären.
Lies den Text einmal in einer üblichen Bibel durch, egal ob Luther, Elberfelder oder Neue-Welt-Übersetzung, er bleibt überall teilweise rätselhaft. Er wird dort zwar einigermaßen wörtlich übersetzt, aber ohne alternative Wortbedeutungen zu berücksichtigen, die im Zusammenhang der neutestamentlichen Botschaft wichtig wären. Wichtiger Grundsatz: Die Schrift legt die Schrift aus.
Ich zitiere im Folgenden meine eigene Übersetzung und erläutere anschließend ein paar Punkte dazu:
8 Ich will nun, dass die Männer beten an jedem Ort
und heilige Hände erheben ohne Zorn und Zweifel,
9 dass genauso auch Frauen (beten) in ordentlicher Haltung,
dass sie sich mit Achtung und klarem Denken schmücken,
nicht mit künstlerischen Frisuren, Gold, Perlen oder kostbarer Kleidung,
10 sondern, wie es angemessen ist für Frauen,
die versprochen haben Gott zu ehren, durch gute Taten.
11 Eine Frau soll in Zufriedenheit lernen mit aller Unterordnung.
12 Einer Frau erlaube ich nicht zu lehren,
wenn sie sich über jemanden stellt,
sie soll sich vielmehr in Zufriedenheit befinden.
13 Adam wurde nämlich als Erster geformt, danach Eva.
14 Und Adam wurde nicht getäuscht,
die Frau ließ sich aber etwas vortäuschen und geriet in Übertretung.
15 Gerettet soll sie werden durch die Kindergeburt (des Messias),
- wenn sie im Glauben bleiben, in der Liebe und in der Heiligung mit klarem Denken.
Und hier meine "Abweichungen" gegenüber anderen Übersetzungen:
1) In Vers 9 fehlt im Griechischen in der ersten Zeile ein Zeitwort (Verbum), so dass sich das "genauso" und die "ordentliche Haltung" auf etwas in Vers 8 beziehen müssen, und da bleibt nur das "beten". Paulus sagt also: Ich will, dass die Männer beten und dass genauso auch Frauen beten. In der nächsten Zeile geht er von der Aussage über das Beten dann weiter zu Detailaussagen über die "ordentliche Haltung" der Frauen.
2) Dass nach dem Willen des Paulus betende Frauen nicht gleichzeitig "still" sein können, dürfte einleuchten. Die "Stille", in der Frauen in Vers 11 und 12 sein sollen, wird einleuchtend, wenn sie mit einer anderen Bedeutung des Wortes als innere Stille, nämlich als "Zufriedenheit" verstanden und übersetzt wird.
3) In Vers 12 wird ein guter Teil der "Mann-Frau-Problematik" entschärft, wenn ich das griechische Wort "anér" nicht mit "Mann" übersetze, wie es üblicherweise geschieht, sondern mit einer anderen Bedeutung des Wortes als "jemand", was genausogut möglich ist.
4) Dazu erhebt sich in Vers 12 die Frage, ob Paulus hier zwei Verbote oder nur ein Verbot ausspricht. Entweder soll sie a) nicht lehren und b) sich nicht über jemanden stellen, oder sie soll (als ein Gebot) sich nicht über jemanden stellen und so auch noch lehren. Da lehrende Frauen im Neuen Testament aber genannt werden, kann hier nur die zweite Möglichkeit gemeint sein: sich nicht über andere zu stellen und so auch zu lehren. Und so verlangt Paulus hier von den Frauen etwas, das allgemein für alle gilt: sich nicht über Geschwister zu erheben.
5) Vermutlich hat Paulus hier eine gewisse Art frommer Frauen im Blick, die in einer speziellen Gefahr stehen: Nachdem sie durch Jesus aus ihrer sklavenartigen Stellung in der Antike befreit worden sind zur Gleichwertigkeit der Söhne und Töchter Gottes, fallen sie sozusagen auf der anderen Seite vom Pferd, bilden sich etwas ein und überheben sich.
Diese Art der Überheblichkeit könnte mit der religiösen Richtung der sogenannten "Gnosis", d.h. "Erkenntnis" zusammenhängen, in der es wichtig war, wie z.B. auch im Hinduismus oder in der Anthroposophie, dass der Mensch seine eigene "Göttlichkeit" "erkennt". Für "göttliche" Frauen, die aus dieser Richtung kamen, war dann wohl auch Sexualität etwas "Schmutziges" und Kindergebären etwas "Grässliches".
Dass Frauen dadurch gerettet werden, dass sie Kinder gebären, ist neutestamentlich gesehen natürlich Unsinn. Paulus schreibt hier, dass sie durch eine "Kindergeburt" gerettet werden, und da kann nur eine gemeint sein, die von Jesus, dem Retter. Also durch so etwas "Grässliches" ist die Rettung gekommen, darunter müssen sich die gläubigen Frauen beugen. In der nächsten Zeile wird dann auch gesagt, wodurch sie wirklich gerettet werden, durch das Bleiben in Glaube, Liebe und Heiligung.

Mit herzlichen Grüßen
Uli
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#39
Jakob Wiebe schreibt:
Zitat:Die Auslegung einer solchen Übersetzung ist relativ eindeutig. Hier wird den Frauen der Vorgang des Lehrens an sich verboten. Warum? Weil schon dieser Vorgang an sich, das Herrschen der Frau über den Mann darstellt. Daher soll eine Frau “still sein”.

Aber so einfach ist diese Übersetzung nicht zu halten. Zunächst einmal gibt es dafür einige grammatikalische aber auch semantische Gründe. Dazu kommt, dass hier im Text ein Wort auftaucht (αυθεντειν, authentein), das im gr. NT nur ein einziges mal auftaucht. Luther und sämtliche dt. Übersetzer nach ihm, haben das Wort αυθεντειν mit herrschen übersetzt. αυθεντειν kann durchaus diese Bedeutung haben, aber wenn das NT über herrschen (des einen über einen anderen) redet, verwendet es zwei total andere Begrife wie: kyrieuein oder exousiazein. Zum
Bedeutungsspektrum gehört unter anderem:

1. etwas beginnen, für einen Zustand oder eine Handlung maßgeblich verantwortlich zu sein
(insbes. im Zusammenhang mit einem Mord)
2. regieren, dominieren
3. die Macht an sich reißen oder die Rechte eines anderen beschneiden
4. das materielle oder geistige Eigentum oder die (alleinige) Herrschaft beanspruchen
5. Ursprung von allem, Schöpfer sein

Die andere Frage ist, wie übersetzt man am besten die veschiedenen Verbformen von διδασκειν (lehren: Präsens, infinitiv aktiv) und επιτρεπω (erlauben, gestatten: 1. Person Singular, Präsens, indikativ aktiv). Ohne jetzt ins Detail zu gehen (und einige mit einem so spannenden Fach wie dt. Grammatik zu langweilen), kann auch im Gr. so wie im Dt. ein Infinitiv für eine indirekte Rede verwendet werden. Solche Beispiele finden wir auch sehr oft im NT:
... unter welchen Hymenäus ist und Philetus, die von der Wahrheit abgeirrt sind, indem sie sagen, daß die Auferstehung schon geschehen sei, und den Glauben etlicher zerstören. 2 Tim 2,17-18
oder:
Und er fing an, sie zu lehren, daß der Sohn des Menschen vieles leiden und verworfen werden müsse von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten, und daß er getötet werden und nach drei Tagen auferstehen müsse. Mk 8,31
Die Satzteile: daß die Auferstehung schon geschehen sei und daß der Sohn des Menschen vieles leiden und verworfen werden müsse von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten, und daß er getötet werden und nach drei Tagen auferstehen müsse – sind sog. indirekte Rede und geben die Gedanken/Redeinhalte des Subjekts wieder.

Demnach kann der Text aus 1 Tim. 2,12 (gemäß der verschiedenen Bedeutungsvarianten von αυθεντειν) folgendermaßen übersetzt werden:

Ich gestatte einer Frau nicht zu lehren, dass sie über den Mann Herrschaft ausübe;
sie soll still sein, denn…

oder

Ich gestatte einer Frau nicht zu lehren, sie sei der Ursprung des Mannes, denn…

Und wie jeder erkennen kann, geht es hier nicht um ein grundsätzliches Lehrverbot für Frauen, sondern um ein Lehrverbot bestimmter Lehrinhalte, die Frauen in der Gemeinde in Ephesus (wo Timotheus zu der Zeit Pastor war) offensichtlich verbreiteten.
Das passt auch sehr gut in den Gesamtkontext der Geschichte und auch der Pastorabriefe….

Aus: Jakob Wiebe - "Das Schweigen der Frauen. Haben wir Paulus da richtig verstanden?"
Er bezieht sich hier auf die damals üblichen Kulte in Ephesus und deren Auswirkungen auf spezielle Irrlehren, die in der dortigen Gemeinde Fuß gefasst haben. Genaueres führt er auf den folgenden Seiten in seinem Buch aus.
Trotz so manchem Tief das ich erlebt habe, immer noch oder gerade deshalb Christ Cool
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#40
Lieber Charly,
ich bin erstaunt, dass du meinst, dass es in neutestamentlichen Gemeinden Pastoren gab.
Damals gab es noch die einfache Gemeinde ohne Titel, Ämter und Pöstchen, alle waren Geschwister ...
Herzliche Grüße
Uli
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